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Ohrlochstechen für Kinder: Tipps eines Vaters

Haben Sie auch so ein Kind, das sich bei egal welchem Wetter in den Sandkasten wirft, lachend im Matsch watet, Schnecken aus dem Rasen pflückt und fasziniert beobachtet? Basteln mag, vor allem wenn es klebt und bunt und dreckig wird? Trotz Verbots barfuß über den Sportplatz rennt?

Meine dreijährige Tochter macht das. Aber sie liebt auch: pinken Nagellack, Haarspangen (viele Haarspangen) und ab und an ein Kleidchen, besonders im Sommer.

Es ist dieser rosa Aspekt, der uns hierhergebracht hat. Sie sitzt auf meinen Knien, fest an mich angelehnt; ich lege ihr (hoffentlich) beruhigend die Hand auf die Stirn. Ein kurzes Geräusch von Plastik auf Plastik, und das leise Einrasten eines Ohrringverschlusses. Die Arzthelferin besprüht den Ohrstecker, den sie gerade meiner Tochter ins Ohr gedrückt hat, mit Desinfektionsmittel. Meine Tochter sagt fast unbeteiligt: „Au, das hat weh getan.“ Die Arzthelferin sagt etwas Beruhigendes und bringt meine Tochter zum Lachen. Nochmal Plastik auf Plastik und Klick. Und das war‘s. Meine Tochter trägt jetzt also Ohrringe. Ein Jahr Diskussion erst mit Kind (Nein, Du musst erst noch etwas größer werden.) und dann ohne Kind (Trauen wir uns schon?) hat seinen vorläufigen Abschluss gefunden.

Pflegeanweisungen, ein aufmerksam zuhörendes Kind. Lächelnde Leute auf dem Weg durchs Wartezimmer, und draußen sind wir.

Vom Vorgespräch zwischen Arzthelferin, Kind und mir zum Nachgespräch ist nicht einmal eine Viertelstunde vergangen. Dabei war meine Tochter die ganze Zeit entspannt bis auf die Sekunden zwischen erstem und zweitem Ohrloch.

Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass man online und offline für Kinder-Ohrringe schon mal sehr viel Kritik einstecken kann.

„Meine Tochter bekommt Clips“, liest man da oft. Meine Töchter waren mit Clips vielleicht 30 Minuten glücklich. Die eine sagte zwar erst „tut nicht weh“, aber zum Anschmusen ans Kuscheltier war der Clip wieder ab, weil er sie merklich störte. Kein Vergleich zu den gestochenen Ohrringen, die sie von Anfang an nicht gestört haben.

Richtige Ohrringe sind erstens halb so schlimm. Und zweitens kann man als Elternteil Einiges tun, damit die Freude auf die Ohrringe nicht zum Ärger wird.

Viele Eltern entscheiden so etwas wie Ohrlöcher gerne spontan. Die sollen bitte jetzt mit Lesen aufhören. Alles wird gut. Wenn Sie den richtigen Laden erwischen, dann wird der schon gescheit Ohrlöcher stechen. Und Ihr Kind wird sehr wahrscheinlich hinterher zufrieden sein.

Tipps zum Ohrlochstechen für Kinder

Wenn Sie aber gerne vor Ausflügen und anderen Aktionen mit Kindern an alles denken, dann

  • Entscheiden Sie: Möchten Sie die Ohrlöcher lieber in einem Geschäft oder in einer Arztpraxis machen lassen? Hier sind die Unterschiede, die mir aufgefallen sind:
    Beim Geschäft können Sie gleich passenden Schmuck kaufen und dann nach dem Aussuchen Ohrlöcher stechen lassen. Das ist dann aber häufig auf einem Stuhl im Geschäft. Die anderen Kunden im Geschäft können zuschauen. Beim Arzt ist das Ohrlöcher-Stechen eher wie eine Blutprobe, meist in einem abgetrennten Zimmer. Gerade Kinderärzte haben Personal, das gewohnt ist, mit leicht nervösen Kindern und Eltern umzugehen. Viele Geschäfte bieten an, beide Ohrlöcher gleichzeitig zu stechen. Die beiden Arztpraxen, von denen ich es weiß, stechen die Ohrlöcher nacheinander.
  • Ohrlochstechen kann man lernen. Fragen Sie nach, wie viel Erfahrung die Mitarbeiter haben. Wenn die Mitarbeiter überhaupt nicht wissen, wie häufig sie Ohrlöcher stechen, dann sollten Sie wahrscheinlich woanders hingehen.
  • Wählen Sie ein Geschäft oder einen Arzt, der mit einem modernen Ohrlochstechsystem wie STUDEX System75 Ohrlöcher sticht. Das hat die folgenden Vorteile:
    (1) Das Stechen ist nicht so laut am Ohr.
    (2) Die Stecker sind sehr dünn und tun beim Stechen damit weniger weh.
    (3) Das Verfahren ist hygienischer, weil das Ohr mit dem Ohrlochstechinstrument selbst nie direkt in Berührung kommt.
    (4) Die Erstohrstecker sind sehr viel hübscher und es gibt eine größere Auswahl.
  • Sagen Sie Ihrem Kind vorher, was passieren wird. Das hilft echt. Und wenn Sie mal ausprobiert haben, dass Ihr Kind einen Filzstift-Punkt auf das Ohr gemalt lustig findet, dann können Sie der Sache lockerer entgegensehen. Wenn Sie dann noch wissen, was die Reihenfolge der Aktionen ist (Ohren sauber, Punkte malen, Spiegel gucken, Ohren sauber, Piks, Stecker besprühen, Piks, Stecker besprühen), hilft das auch, weil Sie wissen, wann es vorbei ist und man gratulieren darf. 🙂
  • Gehen Sie zu einer Zeit Ohrlöcher stechen, wenn Ihr Kind meistens in Form ist. Ihr Kind muss mitmachen, sonst ist das kein Spaß. Meine Kinder machen am besten mit, wenn sie wach und interessiert sind, also nicht am Ende eines langen Einkaufs, sondern eher davor. Ihre Kinder wahrscheinlich auch.
  • Wenn Sie Ihr Kind so frisieren können, dass die Ohren frei sind, dann freut sich die Person, die die Ohrlöcher sticht. Wir hatten das übrigens nicht gemacht, es hat dann nach der Frage „Haben Sie vielleicht noch ein Haarband dabei?“ trotzdem alles gut funktioniert.
  • Unternehmen Sie etwas zusammen mit Ihrem Kind nach dem Ohrlöcher-Stechen. Das Kind soll anfangs ja die Ohrläppchen nicht anfassen. Und wenn, dann mit desinfizierten Fingern. Also gehen Sie nachher irgendwo hin, wo das Kind nichts Schmutziges anfasst und nicht an die Ohren denkt. Und andere Kinder sollen auch nicht die Ohren Ihres Kindes anfassen. Bei uns war das Programm ein nahe gelegenes Technik-Museum mit Mitmach-Stationen. Es hätte aber auch ein Spaziergang im Park auf Papas Schultern sein können. Sandkasten eher nicht so.
  • Halten Sie die Reinigungsempfehlungen möglichst ein, aber beobachten Sie Ihr Kind. Uns wurde empfohlen, 6 Wochen lang 2-3x täglich die Ohrläppchen zu pflegen und 1-3x pro Tag die Ohrstecker im Ohrloch vor und zurück zu bewegen. Für eins meiner Kinder war 1x pro Tag den Ohrstecker Bewegen zu viel. Die Ohrlöcher kamen nicht zur Ruhe. Da haben wir dann seltener bewegt. Das andere Kind war mit 3x täglich Bewegen zufrieden.
  • Richten Sie sich auf Fragen des Kindes ein. Nach wenigen Stunden wird Ihr Kind nichts mehr von den Ohrsteckern spüren und vielleicht bald fragen, weshalb die Stecker noch an den Ohren sind. Andere Kinder beginnen dann sehr schnell zu fragen, weshalb sie nicht andere Ohrringe tragen dürfen. Für beide Fragen sollten sie gute Antworten haben.
  • Wechseln Sie die Ohrringe wirklich frühestens nach 6 Wochen das erste Mal. Sehr schnell spürt das Kind nichts mehr von den Steckern. Aber die Ohrlöcher sind dann noch nicht belastbar und können beim Wechseln verletzt werden. Lassen Sie sich von Ihrem Kind nicht überreden, früher zu wechseln, das wird dann nämlich schnell unangenehm.
  • Achten Sie auf Folgeohrstecker aus dem richtigen Material. Wir haben mit Titan sehr gute Erfahrungen.
  • Die Verschlüsse auf den Studex-Steckern sind sehr schwer zu bewegen und haben genügend Abstand zum Ohrloch. Das ist gut. Achten Sie darauf, dass sich die Verschlüsse beim Folgeschmuck lieber auch schwer bewegen lassen (dann verliert Ihr Kind nicht so viele Ohrringe), aber immer genug Luft ans Ohrloch kommt.

Auf dem Nachhauseweg fragte meine Tochter:

„Papa?“
„Ja?“
„Darf ich die Ohrringe zum Schlafen anbehalten?“
„Ja.“
„Und morgen zum Frühstück?“
„Ja.“
„Und morgen zum Kindergarten?“
„Ja.“
„Und beim Essen im Kindergarten?“
„Ja.“
„Und beim Schlafen im Kindergarten?“
„Ja.“
„Und dann?“
„Ja.“
„Ich will die Ohrringe immer anbehalten!“

Gastbeitrag von Wolfgang M., Vater von drei Kindern. Seine beiden Töchter bekamen Ohrringe als Vorschulkind bzw. zum Eintritt in den Kindergarten. Die eine trägt nach Kinderohrringen und Jahren mit teils selbst gebasteltem Modeschmuck heute – als Teenager – meist dezente Perlen, die andere – noch Kindergartenkind – bevorzugt Motivohrstecker.

Image credits
Header image: © Artur Aldyrkhanov/Unsplash